Waldner: EU-Verhandlungen mit Mazedonien sollen „endlich“ beginnen

Die stagnierende EU-Annäherung Mazedoniens ist am Montag bei Gesprächen von Außenamts-Staatssekretär Wolfgang Waldner (V) mit Regierungsvertretern in Skopje im Mittelpunkt gestanden. Dreimal hat die EU-Kommission schon empfohlen, mit Mazedonien Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Griechenland blockiert in einem 20 Jahre alten Streit mit dem Nachbarn um den Staatsnamen „Republik Mazedonien“ aber diesen Fortschritt.

Entgegen der offiziellen EU-Linie vertritt Österreich hier die Position, dass die vorherige Lösung des Namenstreits keine Voraussetzung für die Aufnahme der Beitrittsgespräche sein sollte, wie Waldner der APA sagte. „Die sollen endlich mit den Verhandlungen starten“, forderte der Staatssekretär im Einklang mit dem mazedonischen Standpunkt, den Außenminister Nikola Poposki darlegte.

Die Beitrittsverhandlungen sollten allerdings mit der Perspektive geführt werden, dass der Namensstreit bis zu deren Abschluss gelöst wird. Eine ähnliche, nicht mit Brüssel deckungsgleiche Position vertritt Österreich laut Waldner als starker Befürworter der EU-Erweiterung um die Westbalkan-Länder hinsichtlich Serbien. Die EU pocht auf die Wiederaufnahme des unterbrochenen Dialogs zwischen Serbien und dem Kosovo vor Beitrittsverhandlungen mit Belgrad, aus der Sicht Österreichs sei dies „unrealistisch“, erläuterte der Staatssekretär im Außenamt.

Waldner verwies darauf, dass auch andere bilaterale Zwiste im Zuge von EU-Beitrittsverhandlungen beigelegt wurden, so etwa der Streit zwischen dem EU-Mitglied Slowenien mit dem Bewerber Kroatien um die Grenzziehung in der Adria-Bucht von Piran. An eine Lösung per Schiedsverfahren wie in diesem Fall glaubt Waldner im Fall von Mazedonien nach seinen Gesprächen mit den Vize-Premiers Musa Xhaferi, Vladimir Pesevski und Außenminister Poposki jedoch nicht. „Da geht es um Identität, Geschichte, Werte, usw. Das müssen sie gemeinsam lösen“, will sich Walder nicht einmischen.

Athen lehnt „Republik Mazedonien“ wegen seiner eigenen Region Makedonien und im Zusammenhang mit dem Kulturerbe um Alexander den Großen ab und blockiert aus demselben Grund den NATO-Beitritt Mazedoniens. Auch in der UNO sitzt Mazedonien wegen des Streits als FYROM (Former Yugoslav Republic of Macedonia).

Die Aussichten auf eine Lösung dürften wegen der griechischen Schulden- und der Euro-Krise nicht größer geworden sein. „Ich glaube, dass die Griechen jetzt andere Probleme haben“, meinte Waldner. „Für die ist die EU-Erweiterung ganz unten auf der Agenda.“ Außenminister Michael Spindelegger (V) hatte im Sommer eine gemeinsame Initiative mit Griechenland angekündigt, die Eingliederung der Westbalkan-Staaten zu forcieren.

Auch Poposki sieht negative politische Auswirkung der griechischen Krise auf sein Land. Er sieht auch einen direkten Zusammenhang zwischen der andauernden Blockade der mazedonischen Annäherung und dem jüngsten Urteil von EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle, wonach die ehemalige jugoslawische Teilrepublik trotz hohem Niveau nur mehr wenige Fortschritte im Reformprozess gemacht habe. Außenminister Poposki verglich das gegenüber der APA mit dem Fahrradfahren. Die Blockade hindere sein Land am Treten und drohe es zu Fall zu bringen. Erst die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen eröffne neue Ziele, die zu erreichen seien. Und erst die neuen Ziele schafften Platz für Mazedonien, um wieder durchtreten zu können.

Waldner betonte, dass Österreich handfeste Interessen an einer EU-Südosterweiterung habe. So wie bei der Osterweiterung 2004 werde auch hier Österreich der Hauptprofiteur sein. „Ich glaube, das ist in unserer Bevölkerung noch nicht so richtig eingesunken“, sagte Waldner. Dies bedeute aber keine Freikarte für die Beitrittskandidaten.

Seine Gesprächspartner hätten vor allem mit Chancen für österreichische Unternehmen in sogenannten „free trade zones“ geworben, für die günstige Sonderkonditionen bei der Betriebsansiedlung gelten. Insgesamt drei davon existieren schon in Mazedonien, insgesamt sollen es einmal elf sein. Auch gebe es Interesse an der Ansiedlung von zusätzlichen Banken. In diesem Bereich ist aus Österreich in Mazedonien bisher nur die Steiermärkische Sparkasse vertreten, nicht aber etwa die Erste oder Raiffeisen, die auf anderen Märkten in Osteuropa zuletzt Rückschläge erlitten.

Am Dienstag triff Waldner u.a. noch den mazedonischen Staatspräsidenten Gjorge Ivanov in Skopje, ehe er in die kosovarische Hauptstadt Prishtina (Pristina) weiterreist.