Patriarchats-Synod erörtert neue Variante zu Mazedonien


Der Heilige Synod des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel hat sich laut Pressemitteilung in seiner Tagung am 30. Mai in Istanbul unter dem Vorsitz von Patriarch Bartholomaios I. mit der Situation der mazedonischen Kirche befasst. Das berichtete die Stiftung "Pro Oriente" am Dienstag. 

Die Frage der mazedonisch-orthodoxen Kirche, die sich 1967 mithilfe des jugoslawischen Regimes von Josip Broz Tito vom serbisch-orthodoxen Patriarchat getrennt hatte, gilt als schwierigste kirchenpolitische Frage der Orthodoxie auf der Balkanhalbinsel. Die Selbstständigkeit der mazedonischen Kirchen wird von der Weltorthodoxie nicht anerkannt. 

Ausgangspunkt der Diskussion am 30. Mai im Phanar war ein Ersuchen der mazedonischen Kirche, die historische Erzeparchie Ohrid wiederherzustellen. Dieses Ersuchen wurde auch von einem Schreiben des mazedonischen Ministerpräsidenten Zoran Zaev an den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios unterstützt.

Im Pressebericht über die Tagung des Heiligen Synods hatte es geheißen, man werde sich im Phanar mit der Frage "unter Beachtung der unverletzlichen kanonischen Bestimmungen" und der "Vorrechte des Ökumenischen Patriarchats" befassen. Bisher hatte sich Konstantinopel aus Rücksicht auf die serbisch-orthodoxe Kirche, von der sich die Mazedonier gelöst hatten, aus dieser Frage herausgehalten. Nach irritierenden Auslassungen des serbisch-orthodoxen Patriarchen Irinej, der bei einem Besuch in Moskau Bartholomaios als "Feind der Orthodoxie" bezeichnet hatte, gab der Phanar laut dem Orthodoxie-Korrespondenten der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA offenbar allerdings die bisherige Rücksichtnahme auf Belgrad auf.

Zuletzt war es das bulgarische Patriarchat, das sich der mazedonischen Orthodoxen angenommen hatte, um sie aus dem Schisma herauszuführen. Eine gemischte Bischofskommission wurde gebildet, gegenseitige Besuche kirchlicher Veranstaltungen waren an der Tagesordnung. 

Den Höhepunkt sollte eine gemeinsame Tausendjahr-Feier der Erzeparchie (Erzdiözese) Ohrid Ende Mai/Anfang Juni bilden. Diese wurde aber abgesagt, nachdem Sofia wie Skopje einen Wink aus dem Phanar erhalten hatten, dass sich Konstantinopel selbst der mazedonischen Kirchenfrage annehmen wird.

In der entsprechenden Verlautbarung des Heiligen Synods ist davon die Rede, dass die mazedonische Orthodoxie ihre Autokephalie unter dem Namen der im 18. Jahrhundert vom Phanar unterdrückten Erzdiözese Ohrid erhalten wird. Das macht die Streitfrage für Konstantinopel zu einer einfachen kirchenrechtlich "inneren Angelegenheit". 

Lösung für Mazedonien unbefriedigend 

In der Mazedonien wird diese Lösung aber nicht favorisiert. Viel mehr drängen die Verantwortlichen weiter auf einer autokephalen "Mazedonischen Orthodoxen Kirche" und nicht einer "Erzdiözese Ohrid". Deshalb wurde in der Angelegenheit auf der Synodalsitzung noch keine Lösung gefunden. 

In den letzten Monaten hatte der Eindruck bestanden, die mazedonische Orthodoxie versuche, durch Anlehnung an die bulgarisch-orthodoxe Kirche eine kirchenrechtlich abgesicherte Basis seiner Existenz zu erlangen. Der Sekretär des bulgarischen Heiligen Synods, Metropolit Naum (Andonov Dimitrov) von Ruse, beharrte zuletzt aber darauf, dass die bulgarische Kirche ihren kanonischen Anspruch als Rechtsnachfolgerin der Erzdiözese Ohrid nicht aufgebe, auch wenn Ohrid heute auf mazedonischem Staatsgebiet liege. Vor allem müsse man laut Naum aber bedenken, dass eine Anerkennung der mazedonischen Kirche durch die bulgarisch-orthodoxe Kirche allein ein Schisma in der orthodoxen Welt auslösen würde, und eine solche Vorgangsweise sei "eines orthodoxen Christen nicht würdig". 

Auch einer der Vertreter der pro-mazedonischen Fraktion, Metropolit Nikolai (Metodiev Sevastianov) von Plovdiv, meldete sich am 23. Mai öffentlich zu Wort. Er erinnerte daran, dass der Ökumenische Patriarch die bulgarische Kirche als "erstgeborene Tochter" unter den slawischen Kirchen bezeichnet hatte. Daher könne die bulgarische Kirche zwar nicht die Autokephalie verleihen, wohl aber die "jüngeren Schwesterkirchen" in der Region konsultieren. 

Die Auseinandersetzung um die mazedonische Kirche hat ihre Wurzeln in der Geschichte. Als Bischofssitz reicht Ohrid in frühchristliche Zeit zurück. Bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1767 umfasste die Erzeparchie Ohrid neun Metropolien und fünf Eparchien. Im 16. und 17. Jahrhundert warb Ohrid verstärkt um Unterstützung durch Wien und Rom, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gingen vier Erzbischöfe kurzfristige Unionen mit der römischen Kirche ein. 1767 verfügten die osmanischen Machthaber die Auflösung der Erzeparchie, ihre Eparchien wurden dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel übergeben. 

Als Reaktion formierte sich eine bulgarische Nationalbewegung, die nach kirchlicher Unabhängigkeit vom Phanar strebte. Als der erste bulgarische Exarch Antim I. 1872 die Unabhängigkeit vom Ökumenischen Patriarchat proklamierte, erklärte eine nach Konstantinopel einberufene orthodoxe Synode das Exarchat als schismatisch. Erst 1945 nahm das Ökumenische Patriarchat auf Druck der russisch-orthodoxen Kirche die Kirchengemeinschaft mit der bulgarisch-orthodoxen Kirche wieder auf. 

Historisch ist Mazedonien seit der Neuordnung des Balkans vor dem Ersten Weltkrieg ein Zankapfel der Nachbarstaaten. Das nördliche Mazedonien wurde damals serbisch, das südliche griechisch. Bulgarien blieb unberücksichtigt, verfolgte aber das Ziel der "Befreiung" der Gebiete am Vardar auch nach dem Ersten Weltkrieg konsequent weiter und konnte dieses Ziel als Verbündeter Hitlerdeutschlands auch 1941-44 kurzfristig erreichen. Die Schaffung der mazedonischen Nation war dann eine titoistische Initiative. Erst 1999 anerkannte Sofia formal die Existenz einer mazedonischen Nation und einer mazedonischen Sprache. Auch heute noch gibt es in Bulgarien Strömungen, die eine eigenständige mazedonische Nation nicht akzeptieren wollen.

QUELLE: Kathpress