Mazedonien will in die EU


Der mazedonische Ministerpräsident Nikola Gruevski hat erst kürzlich Indien besucht und die Beziehungen zu Russland, der Türkei sowie zu den USA sind gut. 

Seit zehn Jahren "will" Mazedonien. Der Balkanstaat ist aber noch weder Mitglied der NATO noch der Europäischen Union. Über die Perspektiven der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien wurde bei der Podiumsdiskussion "Makedonien auf dem Weg in die EU" im Europäischen Haus Berlin debattiert. Zu Gast bei der Europa-Union waren Kornelija Utevska-Gligorovska, Botschafterin der Republik Makedonien, Dr. Dušan Reljić von der Stiftung Wissenschaft und Politik und die Bundestagsabgeordneten Uta Zapf und Dr. Johann Wadephul. Seit 2005 hat das bei der UNO offiziell als Ehemalige Jugoslawische Republik geführte Mazedonien den Status eines EU-Beitrittskandidaten und erfüllt immerhin seit drei Jahren die Kopenhagener Kriterien, so dass die EU-Kommission dem Europäischen Rat den Vorschlag zu Beitrittsverhandlungen übermittelte.

Kopenhagener Kriterien sind längst erfüllt


"Wir sind nicht perfekt, aber gut und gut genug, um Beitrittsverhandlungen zu beginnen.", so appellierte die mazedonische Botschafterin Kornelija Utevska-Gligorovska an ihre Diskussionspartner. In den letzten Jahren habe sich nichts wesentlich im Hinblick auf die Annäherung zur EU verändert, was vermehrt zu Unverständnis auf mazedonischer Seite führt. Die Entscheidung des Europäischen Rats bezüglich der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen steht bereits seit drei Jahren aus. Grund dafür sieht die Botschafterin im Veto Griechenlands: Seit 20 Jahren herrscht ein Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien. Griechenland hat im Norden des Landes eine Provinz namens Mazedonien und fordert von der Republik Mazedonien, die aus diesem Grund auch übergangsweise offiziell unter dem Namen Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien geführt wird, eine Namensänderung. Utevska-Gligorovska betrachet diese Forderung als einen abstrakten Streit, der seit 20 Jahren eine unüberwindbare Hürde in der internationalen Anerkennung sei. Denn obwohl die Kriterien für einen NATO-Beitritt längst erfüllt sind, blockiert Griechenland auch den Beitritt der Republik Mazedonien wegen der ungeklärten Namensfrage. Dabei ist diese eigentlich in Form eines Urteils bereits seit Ende letzten Jahres geklärt.


Das Urteil muss beachtet werden


Für Bundestagsabgeordnete Uta Zapf ist dieser Zustand ebenfalls unverständlich. Ihrer Meinung nach müsse man die Frage der internationalen Anerkennung und die der Beitrittsverhandlungen gesondert behandeln. Das Urteil des Internationalen Gerichtshofs in den Haag vom Dezember 2011 sprach Mazedonien in der Namensfrage das Recht zu, der NATO mit dem Übergangsnamen beitreten zu können. Dies müsse lediglich befolgt werden. Ob Mazedonien tatsächlich alle Kriterien für einen Beitritt in die EU erfülle, sei gesondert zu bewerten. Uta Zapf sieht große Defizite im Bereich der Medienfreiheit, die man nicht übergehen könne. Eine Beratung mit der OSZE könne Hilfe für ein EU-fähiges Mediengesetz sein. Außerdem sieht die Bundestagsabgeordnete weiteren Handlungsbedarf in der öffentlichen Verwaltung: Man habe den Eindruck, das “die Stellen dort nach Parteibuch vergeben werden”. Dass es in sowohl in diesen als auch in den Bereichen Justiz und bei der Bekämpfung von Korruption noch Reformen geben muss, sieht auch die Botschafterin realistisch. Sie weist jedoch daraufhin, dass es einer Phase des Umdenkens bedarf, um mit den gesamten Regeln der EU in Einklang zu kommen. Mazedonien mache jedoch regelmäßig seine Hausaufgaben. Nach Bewertung durch die EU-Kommission werde jedes Jahr ein neuer Plan erstellt, welche Ziele bis zur nächsten Beurteilung durch die Kommission erfüllt werden müssten, um die stetige Weiterentwicklung und Bereitschaft für Beitrittsverhandlungen zu demonstrieren. In dieser stetigen Weiterentwicklung von Reformen sieht Dr. Johann Wadephul die Chance des kleinen Balkanstaates, die Voraussetzungen für Verhandlungen zu einem EU-Beitritt weiter voranzutreiben. Mazedonien muss sich “auf den Weg machen, europäische Werte zu leben” um so schwerer wird es dann für andere Länder, die Beitrittsverhandlungen zu blockieren. Durch eine stetige Annäherung an die grundlegenden Werte der EU ist Mazedonien seiner Meinung nach in der Lage, den politischen Druck zu erhöhen und selbst etwas zu tun. Es dürfe keine Asymmetrie aufkommen, indem man Serbien und Montenegro in die EU aufnehme, die Mazedonische Republik, die etwa die gleichen Voraussetzungen wie Montenegro erfüllt, jedoch nicht. Der Bundestag unterstütze Mazedonien bei seinem Vorhaben, den Streit mit Griechenland müsse das Land jedoch allein beilegen. In der EU könne kein Land dem anderen eine Vorschrift machen. Die Lösung müsse in bilateralen Verhandlungen zwischen den betreffenden Ländern liegen.

Investitionen lohnen sich



Dr. Dušan Reljić sieht die Notwendigkeit der Erweiterungspolitik in der europäischen Sicherheit. Frieden und Stabilität könne es nur in einem tatsächlich geeinten Europa geben. Da sich der Streit um die Namensfrage wohl noch weiter hinziehen werde, sehe Mazedonien sich bereits nach anderen externen Akteuren um, die großen Einfluss auf interne Prozesse des Landes nehmen könnten. Denn es lohne sich, Investitionen im Land zu tätigen. Der bisherige Außenhandel würde bisher zu 40 bis 60 Prozent mit Ländern der EU betrieben; seit der Krise macht sich jedoch bemerkbar, dass wenn die EU “stottert”, die gesamte Region in Gefahr gerät, so Reljic. Um deshalb die wirtschaftliche Stabilität nicht zu gefährden und zu verbessern, werde Mazedonien auch außerhalb der EU nach Investoren suchen. Der mazedonische Ministerpräsident Nikola Gruevski habe kürzlich Indien besucht, und gute Beziehungen bestünden auch zu Russland, der Türkei und zu den USA. In den Vereinigten Staaten werde man offiziell als Republik Mazedonien geführt und somit mit dem umstrittenen Namen anerkannt.

Völkerrechtliche Vereinbarung gebrochen


Die griechische Regierung ignoriere jedoch nicht nur das Urteil, sondern habe auch die Völkerrechtliche Vereinbarung von 1995 gebrochen. In dieser ist vereinbart, dass Griechenland auf ein Veto gegen Mazedoniens Beitritt zu internationalen Organisationen verzichtet, wenn es einem provisorischen Namen trage. Die mazedonische Botschafterin verdeutlichte am Ende der Diskussion noch einmal ihre Sorge, dass die ungeklärte Namensfrage die gewünschte Integration in die Europäische Union und die NATO weiterhin blockieren könnte und appellierte an die europäische Solidarität, die scheinbar exklusiv für Griechenland erfunden worden sei, so Utevska-Gligorovska: “Ich appelliere an die Union und Griechenland, Solidarität zu zeigen”.