Im mit Spannung erwarteten SEHA-Liga-Finale von Varazdin kam es zum Aufeinandertreffen der beiden besten Mannschaften nach der regulären Saison: Dabei wollte das ungarische MVM Veszprem seinen Titel unbedingt gegen die Mazedonier von Vardar Skopje verteidigen. Nicht uninteressant war hier auch die Tatsache, dass sich beide Teams bereits in knapp zwei Wochen zum Champions-League-Viertelfinale wiedersehen werden - eine Begegnung mit Fingerzeig-Charakter. Unterstützt wurden die Veszpremer Spieler dabei von gut 2.000 mitgereisten Fans - Varazdin ist nur einen Katzensprung von der ungarischen Grenze entfernt.
Den besseren Start erwischte allerdings Vardar: Schnell lagen sie durch Luka Cindric und Daniel Shishkarev mit 2:0 in Führung und erhöhten durch zwei Tore von Jorge Maqueda gar auf 4:1 nach gut drei Minuten. Der SEHA-MVP Momir Ilic lief allerdings genauso heiß: Allein der Serbe traf bis dato für Veszprem und verkürzte mit seinem Dreierpack den Rückstand auf 3:5 (6.). Aber Vardar hatte einen in der Anfangsphase bärenstarken Daniil Shishkarev, der den Spielstand alsbald auf 7:3 hochschrauben konnte. Sofort nahm Veszprems Trainer Xavi Sabate die Auszeit, es gab viel zu justieren in der Defensive der Roten - acht Minuten waren zu diesem Zeitpunkt gespielt. 120 Sekunden später war Veszprem wieder etwas näher dran: Momir Ilic und Laszlo Nagy brachten ihr Team auf 6:8 heran.
Das Spiel hielt bis zu diesem Zeitpunkt, was es versprach: viele schöne Tore, extrem hohes Tempo und ein Handball-Genuss für die knapp 5.000 Zuschauer in Varazdin. Und die Ungarn waren jetzt allmählich in ihrem Rhythmus: Aron Palmarson besorgte den 8:9-Anschlusstreffer, kurz darauf glich Gergö Ivancsik zum 9:9 aus (14.) - Auszeit Skopje, diesmal gab es Gesprächsbedarf bei Trainer Raul Gonzalez. Es ging auf und ab, ein packendes Duell auf höchstem Handballniveau. In der 19. Spielminute war auch weiterhin alles offen - Momir Ilic mit seinem fünften Tor zum 11:11.
Fortan konnte sich keine Mannschaft wirklich absetzen. Daran änderte erst ein Überzahlspiel für Vardar etwas, das Dejan Manaskov gut sechs Minuten vor der Pause für seine Mazedonier in ein 14:12 ummünzen könnte. Der kroatische Spielmacher Igor Karacic legte zum 15:13 für Skopje nach (27.), doch Momir Ilic hielt Vesprem mit seinem sechsten Tor auf Schlagdistanz - ein Riesenspiel des ehemaligen Kielers. In die Kabinen ging es folglich mit einem Spielstand von 15:14 für Vardar. Luft holen war angesagt - sowohl für die Spieler als auch die knapp 5.000 Handballfans in der Varazdin Arena.
Ähnlich rasant ging es in den zweiten Durchgang: Siebenmeter, siebtes Tor für Momir Ilic - kurz darauf der Vardar-Ballverlust und Peter Gulyas zum Führungswechsel - 17:16 für Veszprem nach nicht einmal vier gespielten Minuten. Dann war die Partie für Skopjes Ilija Abutovic beendet - die dritte Zeitstrafe bedeutete das Aus für den Serben (36.). Allerdings nutzten die Ungarn die daraus resultierende Überzahl nur bedingt aus, Ivan Sliskovic zum 19:18. Zwanzig Minuten vor dem Ende deutete sich der vierte und letzte Krimi beim SEHA-Final-Four an: Tatort Varazdin.
Fortan konnte Timur Dibirov mit einem sehenswerten Treffer den Spielstand auf 20:20 egalisieren. Das Tempo des Spiels blieb dabei konstant hoch, kein Team wollte seinem Finalgegner auch nur einen Millimeter des Spielfeldes kampflos überlassen. Spätestens jetzt kristallisierte sich heraus, dass nur kleine Nuancen über den Spielausgang entscheiden würden. Mitte der zweiten Halbzeit stand es 22:22 durch Ivan Sliskovics mittlerweile dritten Treffer und die prompte Antwort von Alex Dujshebaev. Tor um Tor blieb die Partie weiterhin hochklassig und spannend. Insbesondere Skopjes Dujshebaev und Veszprems Sliskovic liefen nun heiß - nach 50 gespielten Minuten hieß das Motto im SEHA-Finale weiterhin „pari“ - 24:24.
Wer würde in der Schlussphase den längeren Atem haben? Acht Minuten vor dem Ende ergab sich nach der Hinausstellung von Mirsad Terzic eine Überzahlsituation für Vardar. Doch nun packte auch Laszlo Nagy seinen Hammer aus, die Ungarn wieder mit einem Tor in Front (26:25). Auf der anderen Seite war jetzt auch Mirko Alilovic im Veszpremer Kasten zur Stelle und entschärfte einen Wurf von Dibirov - dies nutzte Andreas Oliver Nilsson aus, sein erstes Tor brachte Veszprem das 27:25 nach 54 Minuten. Doch wer dachte, Vardar würde sich geschlagen geben, sah sich eines Besseren belehrt: Weniger als zwei Minuten waren noch auf der Uhr, als die Mazedonier beim Stand von 26:27 aus ihrer Sicht den Angriff zum Ausgleich hatten. Doch Luka Cindric scheiterte am nun überragenden Mirko Alilovic im Tor, während im Gegenzug Laszlo Nagy das 28:26 für den Titelverteidiger markierte. In der letzten Spielminute ließen sich die Ungarn die Butter nicht mehr vom Brot nehmen, spielten die Uhr klug herunter und feierten die erfolgreiche Titelverteidigung der SEHA-Liga mit ihren über 2.000 mitgereisten Anhängern.
"Ich gratuliere Vardar zu einem tollen Match, dieses ganze Final Four war ein grandioses Ereignis", bilanzierte Coach Xavi Sabate. "In den ersten 15-20 Minuten spielte Vardar sehr gut. Unser Team hat aber schon oft gezeigt, dass es kämpft und einfach nie aufgibt. Unsere zweite Halbzeit war dann besser, und in den Schlüsselmomenten war es dann wieder unser Mirko Alilovic, der uns mit zwei, drei herausragenden Paraden den Weg zum Titel ebnete. Tausend Dank auch an unsere zahlreichen mitgereisten Fans - für mich sind sie die besten der Welt."
"Herzliche Gratulation an Veszprem und ihren Coach", gratulierte Raul Gonzales dem Gegenüber und analysierte: "Wir haben ein schnelles, hochklassiges Spiel gesehen. Die Anfangsphase gehörte uns, aber im zweiten Durchgang drehte Veszprem nochmal richtig auf. Wir haben heute 100 Prozent gegeben, und dennoch hat uns ein kleines Bisschen zum Titel gefehlt."