Opernstar Ana Durlovski beklagt Repressionen in Mazedonien


An der Staatsoper Stuttgart hat die Star-Sopranistin Ana Durlovski als Gast ihren festen Platz. Doch was in ihrer Heimat Mazedonien geschieht, ist ihr persönlicher Alptraum. Ihr Ehemann, ebenfalls ein Opernsänger, sitzt dort wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft.

Mit Dramen auf Opernbühnen kennt sich die in Deutschland mehrfach ausgezeichnete Sängerin Ana Durlovski aus – doch nun ist die politische Wirklichkeit in Mazedonien ihre persönliche Tragödie.

Am Rande eines Gastauftritts in Stuttgart beklagt die 39-Jährige offen Repressionen gegen Andersdenkende in ihrer Heimat. «Bei den Menschen in Mazedonien herrscht Angst», sagt sie nach einem Auftritt in «Ariodante» an der Staatsoper Stuttgart. Es gebe weder Rechtsstaatlichkeit noch Pressefreiheit in dem Balkanstaat – stattdessen politische Willkür.

Es sei an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft die Augen öffne für autoritäre Tendenzen des in die EU strebenden Landes. Ana Durlovskis Mann Igor, der ebenfalls ein international geschätzter Sänger (Bass) ist und bis zum Frühjahr Intendant der Oper in der Hauptstadt Skopje war, sitzt seit November wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft. Insgesamt waren an einem Tag 36 Menschen wegen «Bedrohung der verfassungsmäßigen Ordnung und Sicherheit durch Terrorismus» inhaftiert worden.

Danach äußerte sich der französische Botschafter Christian Thimonier besorgt und mahnte, rechtsstaatliche Grundsätze einzuhalten. «Ich bin sicher, dass er unschuldig ist», sagt Durlovski über ihren Mann. In Stuttgart war der Bass in der Oper «Berenike, Königin von Armenien» zu sehen. Die Oper unterstützt Durlovski bei ihrem Gang an die Öffentlichkeit. Die Sängerin Diana Haller in Stuttgart verlangt bei Twitter Gerechtigkeit für Igor, der bisher noch nicht einmal vernommen worden sei.

«Die Anwälte sprechen von politischer Verfolgung», sagt Ana Durlovski. Konkrete Vorwürfe oder gar Beweise gegen ihren Mann gebe es bisher nicht. «15 Uniformierte kamen am 28. November um 6.00 Uhr morgens und nahmen Igor vor den Augen unseres ältesten Sohnes mit», sagt die Sopranistin, die Anfang 2018 als Königin der Nacht an der Semperoper Dresden zu sehen ist.

Igor Durlovski und die anderen Beschuldigten sollen im April laut mazedonischen Medien an der Erstürmung des Parlaments in Skopje beteiligt gewesen sein. Die Hooligans, die im Frühjahr Abgeordnete krankenhausreif schlugen und die Räume demolierten, waren durch die langjährige Regierungspartei VMRO organisiert worden, die bei den vorangegangenen Wahlen nach zehn Jahren abgelöst worden waren.

Ana Durlovski sagt, ihr Mann habe 60 Tage lang friedlich für ein Mazedonien für alle demonstriert. Seit Mai regieren die Sozialdemokraten unter Zoran Zaev in einer Koalition mit Parteien der albanischen Minderheit.

Hintergrund der politischen Auseinandersetzungen ist unter anderem die territoriale Einheit Mazedoniens. Seit Jahren befürchtet die slawisch-mazedonische Mehrheit, dass die Albaner, die zwischen 25 und 30 Prozent der zwei Millionen Einwohner stellen, für ihre Siedlungsgebiete Autonomie erreichen wollen.

Die Durlovskis hatten viele Jahre in Deutschland und Österreich gelebt, darunter zuletzt sechs Jahre in Stuttgart und davor in Mainz und Kassel sowie Wien. «Obwohl viele Menschen in Mazedonien in den Westen wollen, hatten wir uns vor zwei Jahren für den umgekehrten Schritt entschieden, weil wir mit den Erfahrungen aus Deutschland dort für unser Land arbeiten wollten», erzählt die dreifache Mutter, die auch schon an der Met in New York Erfolge feierte. «Vielleicht haben wir uns wegen unserer Jahre im Westen zu sehr schon in Freiheitsgedanken sicher geglaubt und den Mund zu weit aufgemacht.»

Für die Familie sei die Inhaftierung – auch wegen der Trennung zu Weihnachten – eine «erdrückende Lage», sagt die Sängerin. Den Rücken kehren will sie dem Land aber auch nach der erhofften Freilassung ihres Mannes nicht. «Das wäre doch ein schlechtes Zeichen, auch für die Kinder.» Von Anfang Februar an wird Ana Durlovski wieder längere Zeit in Stuttgart sein – zu den Proben der Neuproduktion von «Don Pasquale», die am 25. März Premiere feiert.

QUELLE: LANDESZEITUNG