Nikola Gruevski: ...manchmal sogar 4000 und mehr.
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Welche Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Wochen und Monaten?
Seit Mitte Juni haben ungefähr 50.0000 illegale Immigranten unsere Grenzen überquert, um nach Serbien und dann nach Westeuropa zu gelangen. In den nächsten Monaten wird sich diese Zahl noch erhöhen. Ab November wird es wohl einen kleinen Rückgang geben. Aber die Flüchtlinge werden heuer auch im Winter in Scharen kommen, und im Frühling werden es dann noch mehr sein.
Wie kann der derzeit chaotische Flüchtlingsstrom kanalisiert werden?
Die Balkan-Staaten können die Flüchtlinge offensichtlich nicht aufhalten. Keiner kann sie stoppen, auch nicht stärkere Staaten wie Deutschland oder Frankreich. Wir verschärfen das Problem nur, wenn wir die Flüchtlinge an der Grenze aufhalten. Dann entsteht ein Rückstau, und wir haben nach drei Tagen 10.000 Flüchtlinge vor unserer Tür. Stoppen können wir die Flüchtlingswelle nur, wenn wir die Ursachen der Flucht bekämpfen: die Kriege und den Terror in Syrien und im Irak.
Das kann Jahre dauern.
Die EU muss ernsthafter und entschlossener handeln als bisher. Momentan kommen Mittelstandsflüchtlinge. In Zukunft werden auch die Ärmeren nach Europa ziehen, und das werden noch mehr sein.
Haben Arme genug Geld für die Flucht?
Sie sind, so viel ich weiß, überrascht vom Erfolg ihrer Landsleute bei der Flucht nach Europa. Sie werden kommen.
Warum riefen Sie vor einer Woche den Ausnahmezustand in Mazedonien aus?
Das galt nur für ein paar Kilometer an der Grenze. Wir mussten das Militär einsetzen. Und dafür ist es gesetzlich nötig, den Ausnahmezustand auszurufen. Wir brauchten die Armee, um den Flüchtlingsstrom zu regulieren. Als auf einmal 3000 Flüchtlinge die Grenze passierten, brach auf dem Bahnhof in der Grenzstadt Gevgelija totales Chaos aus. Wir konnten nicht mehr helfen. Sie brauchten Wasser, Essen, medizinische Betreuung. Wir mussten Ordnung hineinbringen, Busse und Züge für den Weitertransport nach Serbien organisieren. Die Polizei war nicht fähig, allein damit fertig zu werden. Jetzt ist die Lage unter Kontrolle. Es ist nicht möglich, diesen Menschen die Tür zuzuschlagen.
Wieso haben Sie dann für zwei Tage die Grenze zugesperrt?
Einen Tag ließen wir keine Flüchtlinge ins Land. Das war der Tag der Reorganisation.
Haben Sie den tausenden wartenden und verzweifelten Flüchtlingen gesagt, dass die Grenze bald offen sein wird?
Ich weiß nicht, wie das vor Ort kommuniziert wurde. Aber ich gab eine Erklärung in Medien ab, dass wir die Flüchtlinge nicht stoppen, sondern uns umorganisieren und die lokalen Bürger besser schützen wollen. Es war klar, dass wir nicht beabsichtigen, die Grenze dicht zu machen. Aber manche Flüchtlinge waren sich da offenbar nicht so sicher und versuchten, über die Bahngleise zu kommen. Sie durchbrachen den Polizeikordon.
Warum setzten Ihre Streitkräfte Blendgranaten ein, wenn ohnehin geplant war, die Grenze wieder zu öffnen?
Was hätten sie getan, wenn auf einmal tausende Menschen auf sie zustürmen? Wir haben nicht scharf geschossen auf Flüchtlinge.
Wie viel EU-Unterstützung erhält Mazedonien zur Bewältigung der Krise?
Fast nichts, nur symbolische Beträge. Ein Außenminister erwähnte 90.000 Euro.
Die EU hat doch Serbien und Mazedonien nun 1,5 Millionen Euro zugesichert.
Wir werden sehen. Vielleicht.
Fühlen Sie sich alleingelassen von der EU?
Die EU ist nicht gut organisiert. Sonst hätte sie ein Kandidatenland wie Mazedonien in der Krise nicht vergessen. Wir sind das einzige Land, in das Flüchtlinge aus einem EU-Staat, Griechenland, strömen. Das ist absurd.
Haben Deutschland und Österreich Druck auf Mazedonien ausgeübt, die Grenzen besser zu kontrollieren?
Nein. Wien und Berlin wissen genau, dass man die Flüchtlinge nicht stoppen kann.
Welche Konsequenz wird der ungarische Grenzzaun haben?
Ich habe gehört, dass schon jetzt Tunnel unter den Zaun gegraben werden. Dieser Zaun kann lediglich helfen, dass die Flüchtlinge nicht überall über die Grenze strömen und durch das Land irren, sondern die Grenze nur an bestimmten Punkten passieren, wo sie dann auch Hilfe vorfinden.