Filip Taleski steht mit Mazedonien im Achtelfinale – nach der WM spielt das Megatalent für die Rhein-Neckar Löwen.
In seiner mazedonischen Heimat reihen sich die Lobeshymnen auf ihn aneinander. Dabei ist Filip Taleski weder ein Handball-Held noch ein Weltklassespieler wie sein Landsmann Kiril Lazarov, mit dem er immer wieder verglichen wird. Der 20-Jährige ist ein Megatalent - und damit der Hoffnungsträger einer stolzen Nation.
"Ich finde es fantastisch, dass die Leute Parallelen zwischen Kiril und mir sehen. Und ich hoffe, dass ich die Erwartungen irgendwann erfüllen werde", sagt Taleski, der Anfang Januar zu den Rhein-Neckar Löwen wechselte und heute mit seiner Nationalmannschaft im WM-Achtelfinale auf Norwegen trifft.
In fünf Partien bekam der 20-Jährige bislang 139 Minuten Einsatzzeit, in der er allerdings viel Lehrgeld zahlte. Für seine fünf Tore brauchte der Halblinke 14 Versuche (Trefferquote 36 Prozent) - diese Bilanz ist ausbaufähig. Und doch hat auch er seinen Teil dazu beigetragen, dass die Mazedonier erneut erfolgreich an einem großen Turnier teilnehmen. Im Zwei-Millionen-Einwohner-Land spielen sich eben immer wieder neue Jungstars in den Vordergrund. Talente wie Taleski eben.
"Es ist nicht selbstverständlich, dass wir bei der WM dabei sind. Aber unser Land liebt den Handball. Diese Sportart hat bei uns eine große Tradition", berichtet der wurfgewaltige Rechtshänder. Jedes Kind auf den Straßen der Hauptstadt Skopje oder auch im ländlich geprägten und strukturschwachen Rest des Landes träumt davon, es irgendwann zu packen und über den Handball einen Ausweg aus dem von hoher Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung geprägten Land zu finden. Das Ziel: Westeuropa.
Großer Auftritt in Kiel
Bei Taleski wird daraus jetzt Wirklichkeit, die Schinderei hat sich gelohnt. "Ich habe wirklich hart gearbeitet. Oft genug bin ich allein mit meinen Trainern in der Halle gewesen", sagt der 1,98-Hüne, den stets der Ehrgeiz antrieb: "Vom ersten Tag meiner Karriere war die Bundesliga mein Ziel. Ich mag die deutsche Mentalität und glaube, dass ich mich dort sehr gut entwickeln werde."
Auf internationaler Ebene sorgte Taleski zum ersten Mal im April 2014 für Furore. Für seinen großen Auftritt suchte sich der damals 18-Jährige dann auch gleich die berühmteste und größte aller Bühnen aus: die legendäre Ostseehalle. Mit Metalurg Skopje spielte er in der Champions League beim THW Kiel, eine Viertelstunde vor dem Abpfiff kam Taleski in die Partie, die er "nie vergessen wird" - und das aus gutem Grund. Mit viel Selbstbewusstsein und ohne jegliche Nervosität traf der Halblinke kurz nach seiner Einwechslung, zwei weitere blitzsaubere Treffer folgten. "Ich habe mich an diesem Tag einfach gut gefühlt", sagt der Rechtshänder, der sich anschließend kontinuierlich weiterentwickelte und dabei auch von den finanziellen Problemen seines Vereins profitierte.
Denn als die Stars kein Gehalt mehr bekamen und Metalurg verließen, war der Club gezwungen, auf die Jugend zu setzen. Taleski erinnert sich: "Es ist schade, was damals mit diesem Verein passiert ist. Aber viele junge Spieler wie ich sind an dieser Situation gewachsen." Das spiegelt sich auch in der aktuellen Saison wider: 41 Treffer in der Champions League können sich sehen lassen und zogen das Interesse mehrerer Vereine auf ihn, den Zuschlag erhielten schließlich die Löwen.
"Dass dieser Verein mich haben will, konnte ich zunächst nicht glauben. Das war ein fantastischer Augenblick", sagt der Mazedonier und spricht mit einer Mischung aus Begeisterung und Ehrfrucht über Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen. Der Däne ist eben ein exzellenter Kommunikator, der die Sprache der Spieler spricht - insbesondere auch der jungen. "Wir hatten eine lange Unterhaltung, er hat einen tollen Eindruck bei mir hinterlassen", schwärmt Taleski: "Hoffentlich kann ich seine Erwartungen erfüllen."
Damit das gelingt, hat der Rückraumspieler schon angefangen, Deutsch zu lernen. Er weiß, dass die Sprache der erste Schritt ist, um auch sportlich zu wachsen: "Ich werde zwar mit Lazarov verglichen. Aber so gut wie er bin ich noch lange nicht."
© Mannheimer Morgen, Samstag, 21.01.2017