Es widerspricht dem natürlichen Verlangen des Menschen, still auf seinem Stuhl zu sitzen, wenn die Musik soviel Lebensfreude versprüht. Wenn der Zwei-Viertel-Rhythmus fortwährend antreibt, der Musik-Charakter nach einem melancholischen Intermezzo plötzlich wieder auf pure Lebensfreude umschlägt – dann ist es vollkommen widersinnig und absurd ruhig zu bleiben. Das Publikum im ehrwürdigen Ordenssaal des Ludwigsburger Residenzschlosses hielt sich an die Etikette, doch der Beifall wurde von Mal zu Mal frenetischer.
Etwas völlig neues
Vielleicht fiel die Reaktion so euphorisch aus, weil auf der Bühne etwas geboten wurde, was es zuvor noch nie gegeben hatte. „Makedonija“ nennt sich dieses Projekt von Simon Trpceski und Pande Shahov. Die beiden Mazedonier – Trpceski ist ein gefragter Pianist, umjubelt beim letztjährigen Eröffnungskonzert der Schlossfestspiele – hatten für dieses Konzertprogramm traditionelle Musik aus ihrer Heimat transkribiert und bearbeitet. Sie verknoteten volksmusikalische Oros und Lieder ineinander und brachten sie in eine Konzertform. Ihren urtümlichen Charakter verloren die Stücke durch die Arrangements nicht, obwohl das Schlagzeug – ein für die Volksmusik exotisches Instrument – ordentlich rappelte. Weltpremiere bei den Schlossfestspielen.
Absolute Nähe zum Publikum
Das Quintett um Trpceski, der auch Akkordeon spielte und sang, besteht mit Hidan Mamudov (Klarinette, Saxofon und Kaval), Aleksandar Krapovski (Violine), Alexander Somov (Violoncello) und Vlatko Nushev (Perkussion) in erster Linie aus exzellenten Musikern. Entscheidend aber für den Erfolg und ihre Authentizität: Sie sind gute Freunde, die Gruppendynamik kommt von Herzen. Die Band fand die Nähe zum Publikum, obwohl sich die Rollenverteilung zwischen den Künstlern auf der Bühne und den in respektvoller Distanz platzierten Zuhörern von anderen Konzerten nicht wesentlich unterschied. Mit ihrem lockeren und passionierten Auftreten hatten Simon Trpceski und Band die Sympathien im Nu auf ihrer Seite. Die mitreißende Musik, deren Geselligkeitsfaktor in den Bearbeitungen stark zum Ausdruck kam, war ein Erfolgs-Baustein, der dafür sorgte, dass trotz der Fremdartigkeit und Unbekanntheit der Musik die Aufmerksamkeit im Publikum stets hoch blieb.
Der prunkvolle Rahmen wirkte wie ein Gegenpol zu der ländlich-völkischen Musik. Doch sie passte hervorragend. Shahov und Trpceski haben die mazedonische Volksmusik salonfähig gemacht.
Quelle: SWP
Simon Trpcevski wird am Sonntag in Skopje, Hauptstadt Mazedoniens, die neue Philharmonie mit einem Konzert eröffnen.