Jane flieht vor drohendem Krieg und Wirtschaftskrise aus Mazedonien nach Deutschland. Er wendet sich dort hilfesuchend an Risto, einen als Helden gefeierten alten Freund seines Onkels, dem als regimekritischer Kommunist zwanzig Jahre zuvor die Flucht aus Jugoslawien gelungen war, während Janes Onkel selbst interniert wurde.
Das Auftauchen Janes bringt das ohnehin bedrohte Gleichgewicht von Ristos Familie durcheinander. Es führt zur Konfrontation mit diversen Lebenslügen – der Vater hat im Jugoslawien zur Zeit Titos seinen Freund der Geheimpolizei ausgeliefert, die Mutter prostituiert sich, die Tochter hat einen Mann geheiratet, den sie nicht liebt – und letztlich zum Zusammenbruch des fragilen Systems.
Lohers Stück „Fremdes Haus“ hat auch über zwanzig Jahre nach seinem Erscheinen nichts an seiner Aktualität eingebüßt, denn die darin verhandelten Themen wie der Verlust von Freiheit und Utopie, Fragen von Schuld und Moral sind zeitunabhängig und universell. Regisseurin Alize Zandwijk interessiert sich in ihren Arbeiten immer wieder für das, was unter der Oberfläche schwelt und für jene Momente, die das lang Verdrängte hervorbrechen lassen. „Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang das Motiv des Neuankömmlings, der einerseits interessant ist, für das bestehende System aber auch eine Bedrohung darstellt“, bemerkt Akın Şipal, der die Produktion als Dramaturg betreut. Jane wecke bei den anderen gleichermaßen die Hoffnung auf eine Veränderung wie die Angst davor und wirke wie ein Katalysator auf die längst überfälligen innerfamiliären Auseinandersetzungsprozesse.
Regisseurin Alize Zandwijk setzt ihre Auseinandersetzung mit dem Werk der Autorin Dea Loher fort. Loher zählt zu den wichtigsten Stimmen der zeitgenössischen Dramatik — für ihr Werk wird sie am 22. September 2017 mit dem Joseph-Breitbach-Preis ausgezeichnet. Die Regisseurin und die Dramatikerin verbindet eine lange Arbeitsbeziehung. Nach „Das Leben auf der Praça Roosevelt“ (Spielzeit 2012/13) inszeniert Alize Zandwijk nun „Fremdes Haus“ am Theater Bremen. Zu den Darstellern gehören neben Martin Baum, Karin Enzler und Fania Sorel die drei neuen Ensemblemitglieder Alexander Angeletta, Bastian Hagen und Gina Haller sowie der Musiker Beppe Costa, der dem Publikum bereits aus verschiedenen Inszenierungen Zandwijks bekannt ist. Die Premiere ist am Samstag, 30. September um 20 Uhr im Kleinen Haus.
Alize Zandwijk war von 2006 bis 2015 Künstlerische Direktorin des Ro Theater in Rotterdam und inszenierte parallel unter anderem am Deutschen Theater Berlin und am Thalia Theater Hamburg. Seit 2012 inszeniert sie regelmäßig am Theater Bremen. „Das Leben auf der Praça Roosevelt“ von Dea Loher, „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, „Mädchen und Jungen“ von Arne Sierens, „Eine Familie“ von Tracy Letts, „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht und zuletzt „Gas – Plädoyer einer verurteilten Mutter“ von Tom Lanoye. Sie ist Leitende Regisseurin im Schauspiel am Theater Bremen.
Premiere am Samstag, 30. September um 20 Uhr im Kleinen Haus.
Regie: Alize Zandwijk
Bühne und Kostüme: Thomas Rupert
Musik: Beppe Costa
Dramaturgie: Akın E. Şipal
Mit:
Alexander Angeletta, Martin Baum, Beppe Costa, Karin Enzler, Bastian Hagen, Gina Haller, Fania Sorel