Demokratie unter Daumenschrauben: EU und USA mischen sich wieder offen in Mazedonien ein


Die Demokratie in Mazedonien bekommt erneut Daumenschrauben angesetzt, nachdem hochrangige EU und US Diplomaten sich offen in mazedonische Angelegenheiten (wiederholt) einmischten. So soll Mazedonien auf Druck der EU und USA die "Justiz reformieren". Schon 2015 mischte sich die EU in Mazedonien ein als die so genannte Sonderstaatsanwaltschaft gegründet wurde, die seitdem offensichtlich parteiisch agiert und funktioniert.

Der EU Kommissar Johannes Hahn und der stellvertretende US-Sekretär für europäische und eurasische Angelegenheiten Philipp Reeker weilten vergangene Woche in Skopje, ihre Aussagen mitten im souveränen Staat Mazedonien sollten eigentlich zum globalen Aufschrei veranlassen, dieser jedoch bleibt aus und mutiert in stummes Kopfnicken. Einen "kleinen" Staat wie Mazedonien kann man ja getrost befehligen was er zu tun hätte:

"Mazedonien muss die Justiz reformieren, wenn es in die EU will" lautet der Tenor vom EU-Kommissar, Daumenschraube und Erpressung in einem Atemzug. So auch Reeker, Zitat aus der NY Times: "Der hochrangige Beamte des US-Außenministeriums hat sich für Mazedoniens Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Europäischen Union ausgesprochen, das Land jedoch aufgefordert, die erforderlichen Justizreformen durchzuführen."

Denn, es geht weniger um demokratische Reformen in der Justiz, als solche die der EU (und anderen Protagonisten) mögliche Peinlichkeiten erspart - Anschuldigungen zur direkten Einmischung in einen souveränen Staat.

Sonderstaatsanwaltschaft SJO


Wie erwähnt, wurde die Sonderstaatsanwaltschaft SJO auf Druck der EU im Jahre 2015 gegründet - dieser Umstand wird offen in Deutschsprachige Medien berichtet. Aber, stören daran tat sich bisher niemand. Ganz im Gegenteil, man versuchte einen Mythos um die Vorgängerregierung aufzubauen. Diese, vom Volk legitim gewählte Regierung, soll ein "Regime" gewesen sein.

Als Hintergrund galt damals der Abhörskandal um Ex-Premier Nikola Gruevski, der von der Opposition damals mit illegal abgehörten Gesprächen in die Ecke gedrängt wurde, aber von ihnen mit diesen illegitimen Mittel nicht gestürzt werden konnte.

"Genau deshalb wurde die SJO gegründet, um die legitim gewählten Regierung zu stürzen" ist mittlerweile die überwiegende Meinung der Mazedonier, beruhend auf die Tatsache das die SJO ausnahmslos Verfahren gegen die ehemals stärkste Regierungspartei VMRO-DPMNE führt(e), kaum aber Verfahren gegen den Koalitionspartner DUI oder den Urheber des Abhörskandals - die jetzt regierende SDSM einleitete. 

Letztere regieren nun gemeinsam mit der DUI, deshalb erwatet auch kaum jemand in Mazedonien das es Verfahren gegen die "ständig regierenden" gibt. Das die albanisch-nationalistisch ausgerichtete DUI auch stetig in Mazedonien mitregieren kann, ist auch Europäischer und US Einmischung zu verdanken: Das s.g. Mai Abkommen (welches unter Druck der EU und USA einst geschlossen wurde) schreibt nämlich vor, dass in Mazedonien die Stimmstärkste Partei der Bevölkerungsmehrheit mit der Stimmstärksten Partei der Minderheiten im Land eine Koalition eingehen muss. Was nichts anderes als eine Demokratie unter Auflagen darstellt, die nun auch noch Daumenschrauben verpasst bekommt...

Zurück zu SJO und dem Abhörskandal, ohne den es die SJO nicht gegeben hätte: Das Verfahren aber, welches aufgeklärt hätte woher die Aufnahmen stammen und wer überhaupt hinter dem Skandal steckt, wurde eingestellt. Von der SJO selbst, die den Fall von der Staatsanwaltschaft OJO übernahm und dann einstellte. Angeklagt war in dem Fall unter anderem Zoran Zaev, jetziger Premierminister, der als Wahlverlierer die Macht übernehmen konnte.

Seit der Einführung der SJO gab es nur drei Urteilssprüche, darunter ein fragwürdiger Urteilsspruch gegen Gruevski - der sein Amt missbraucht haben soll. Er wurde verurteilt, weil er sich einen Vorteil verschaffen habe wollen, in dem er bei der Anschaffung einer gepanzerten Staatslimousine "Extras bestellte" und "damit vor hatte sich chauffieren zu lassen". Ein Urteilsspruch auf Basis von hypothetischer Vorstellungen ist auch nicht aller Tage zu sehen...außer in Schauprozessen, die mittlerweile weltweit an einer Hand abzählbar sind.


"Bedingte Demokratie in Mazedonien"


Aber hier kommen wir zu dem Punkt, 2015 drückte die EU der mazedonischen Demokratie ein nicht Verfassungsrechtlichen neues Organ auf, welches seit dem parteiisch agiert - und wie wir gesehen haben, höchst uneffektiv noch dazu. Nicht erwähnt haben wir dabei die jüngsten Skandale um die SJO.

Die Chef-Sonderstaatsanwältin Katica Janeva trat zurück, danach entbrannte ein großer Korruptions-Skandal in welchen die SJO verwickelt zu sein scheint.

Und genau jetzt, werden mit Hahn und Reeker zwei Diplomaten in der mazedonischen Hauptstadt vorstellig, die Mazedonien mehr oder weniger erpressen: Die SJO muss durch Reformen in die bestehende Justiz in Mazedonien eingegliedert werden.

Hahn ist dabei ziemlich kategorisch - wir zitieren aus den Salzburger Nachrichten:

"Im Hinblick auf die bevorstehende Umbildung der Sonderstaatsanwaltschaft SJO sagte Hahn, es gelte, sicherzustellen, dass im Verlauf der Umbildungsphase kein Verfahren, das von der SJO geführt werde, verloren ginge. Dies müsste garantiert werden. Hahn appellierte an alle Parteien, Offenheit für die Zusammenarbeit an den Tag zu legen und sich auf den Termin für die Beitrittsgespräche zu konzentrieren."

Mit anderen Worten, Mazedonien muss die nun Skandal belastete, offensichtlich parteiische und nicht effektive SJO in die mazedonische Demokratie eingliedern um den Weg in die EU zu finden...


Direkte Einmischung? Ja, schon öfter...


Überraschend war auch die Aussage von Reeker, bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Zoran Zaev. "Die politischen Spiele müssen aufhören. Die Reformierung (bzw Eingliederung) der SJO muss geschehen".

Damit übte Reeker Druck auf die Opposition aus, die sich bisher weigert den von der Regierung vorgelegten Gesetzesentwurf für die Eingliederung der SJO anzunehmen. Mehr noch, Oppositionsführer Hristijan Mickoski weigerte sich jüngst bei einem Spitzentreffen teilzunehmen, welches von Zoran Zaev einberufen worden war. Laut Mickoski, werde er dem Treffen nur zustimmen wenn das primäre Thema vorgezogene Wahlen sind.

Reeker hat mit seiner Aussage deutlich gemacht, dass er gegen das Vorhaben der Opposition für Neuwahlen ist. Dies war aber vor nicht all zu langer Zeit anders, als Zaev noch Oppositionsführer war und es darum ging Gruevski zu stürzen, war Reeker neben Hahn einer jener der vorgezogene Wahlen forderte um die politische Krise zu beenden.

Das Resultat damals: Ein (unter Zwang vollzogenes) Spitzentreffen, Przino Abkommen mit welchem eine technische Regierung installiert (und Gruevski damit gestürzt) wurde, und die Einrichtung einer nicht Verfassungsrechtlichen Institution - die Sonderstaatsanwaltschaft SJO...

Fortsetzung, bzw. die nächste Einmischung folgt bestimmt...