FDP-Fraktion stellt Kleine Anfrage an Bundestag bezüglich Pressfreiheit in Mazedonien

Nach der Lage der Presse- und Medienfreiheit in Mazedonien erkundigt sich die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage an den Deutschen Bundestag. 

Die Abgeordneten fragen unter anderem nach der Gefahr russischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse, nach der Sicherheit von Journalisten sowie nach physischen Angriffen und Cyberangriffen auf Journalisten und Medienhäuser in Mazedonien.


Folgend die Kleine Anfrage im originalen Wortlaut (mit Zeichen "Drucksache 19/15645"), im Ganzen stellt die FDP-Fraktion 23 Fragen an den Bundestag bezüglich der Pressfreiheit in Mazedonien:


Presse- und Medienfreiheit: Nordmazedonien


Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) veröffentlicht jährlich eine Rangliste, in der einzelne Länder nach dem jeweiligen Grad der Pressefreiheit beurteilt werden. Im letzten veröffentlichten Ranking von April 2019 fällt auf, dass Europa eine der Regionen mit der stärksten Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit ist. Auch in den Ranglisten der vergangenen Jahre war diese Entwicklung bereits zu erkennen (vgl. www.tagesschau.de/ausland/pressefrei heit-125.html ).

Die Bedrohung dieser Freiheiten ist vielseitig, was besorgniserregend ist, da Presse- und Medienfreiheit Grundpfeiler der freien Willensbildung sind, und somit elementar für eine demokratische Gesellschaft und für ein selbstbestimmtes Leben. So lässt sich zum Beispiel beobachten, dass einerseits in manchen europäischen Ländern versucht wird Zeitungen unter staatliche Regulierung zu nehmen und dass die Gewalt gegenüber  Journalisten  zunimmt.  Andererseits üben externe Akteure negativen Druck auf die Presse- und Medienlandschaft in einzelnen Ländern aus. Letzteres lässt sich unter anderem in Nordmazedonien (MKD) deutlich observieren. Im Rahmen des Referendums zum Prespa- Abkommen zur Beilegung des Namensstreits mit Griechenland (GRC) wurde eine  erhöhte  Aktivität  von  Social-Media-Accounts  und  Bots  aus  Russland (RUS) festgestellt, die gezielt zum Boykott des Referendums aufriefen und sich inhaltlich gegen die Beilegung des Namensstreits positionierten (vgl. www.tele graph.co.uk/news/2018/09/27/russia-orchestrating-covert-campaign-wreck- macedonia-name-change/). Das genannte Referendum ist nur ein Beispiel von zahlreichen demokratischen Entscheidungsprozessen in MKD, bei denen derartige Aktivitäten festgestellt werden konnten. Nach Ansicht der Fragesteller besteht auch bei den für den 12. April 2020 angesetzten vorgezogenen Neuwahlen die Gefahr, dass die freie Meinungsbildung durch negativen Einfluss aus Russ- land im Vorfeld bedroht wird.

Im Anfangs erwähnten Ranking von ROG belegt MKD lediglich Platz 95 von 180 und ist damit ein Schlusslicht im europäischen Vergleich. Neben externer Einflussnahme bemängelt ROG auch die schleppende Geschwindigkeit bei Re- formen im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks des Landes und die damit verbundene stark parteiische Berichterstattung. Der jüngste Fortschritts- bericht der EU Kommission bestätigt die Kritik von ROG und konstatiert, dass geplante Reformen im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in MKD sich erst in einem „frühen Stadium“ befinden (https://ec.europa.eu/neighbour hood-enlargement/sites/near/files/20190529-north-macedonia-report.pdf  S. 28). 

Ein weiteres Problem sind sowohl verbale als auch physische Gewalt gegen Journalisten. Zwar ist laut der Association of Journalists of Macedonia (AJM) die Zahl der Übergriffe im Jahr 2019 im Vergleich zu 2018 deutlich zurückgegangen, die rechtliche Aufarbeitung der Fälle ist jedoch ungenügend.


Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation der Presse- und Medienfreiheit in Nordmazedonien (MKD)?

2. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Platzierung MKDs auf Platz 95 im Eingangs erwähnten Ranking von ROG nachvollziehbar?

3. Inwiefern wurden Defizite der Presse- und Medienfreiheit in MKD beim
„Mini-Westbalkan-Gipfel“ am 29./30. April 2019 in Berlin thematisiert?

4. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr russischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse in MKD ein?

5. Inwiefern wurde die Gefahr von russischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse in MKD beim „Mini-Westbalkan-Gipfel“  am 29./30. April
2019 in Berlin thematisiert?

6. Inwiefern wurden Defizite der Presse- und Medienfreiheit in MKD bei der Sitzung des Rates für Allgemeine Angelegenheiten am 15.  Oktober 2019 im Rahmen der Diskussionen über die Eröffnung von Beitrittsgesprächen thematisiert?

7. Inwiefern wurden Defizite der Presse- und Medienfreiheit in MKD bei der Sitzung des Europäischen Rates am 17. und 18.  Oktober 2019 im Rahmen der Diskussion über die Eröffnung von Beitrittsgesprächen thematisiert?

8. Bei welchen Gelegenheiten hat sich die Bundesregierung  in Gesprächen mit Vertretern von MKD im vergangenen Jahr über die kritische Lage der Presse- und Medienfreiheit in MKD und die Gefahr russischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse in MKD ausgetauscht?

9. Wie  viele  offizielle  Besuche  und  Gespräche  zwischen  Nordmazedonien und der Bundesregierung gab es in den Jahren 2018 und 2019?

a) Welche Gespräche gab es bei diesen Besuchen zwischen Vertretern der Regierung von MKD und Vertretern der Bundesregierung in MKD, bitte nach Anzahl Art und Inhalt der Gespräche auflisten?
b) Welche Gespräche gab es bei diesen Besuchen zwischen Vertretern der Regierung von MKD und Vertretern der Bundesregierung in Deutsch- land, bitte nach Anzahl Art und Inhalt der Gespräche auflisten?
c) Welche Gespräche gab es bei diesen Besuchen zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft  von  MKD  und  Vertretern  der  Bundesregierung  in MKD, bitte nach Anzahl Art und Inhalt der Gespräche auflisten?
d) Welche Gespräche gab es bei diesen Besuchen zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft von MKD und Vertretern der Bundesregierung in Deutschland, bitte nach Anzahl Art und Inhalt der Gespräche auflisten?
e) Mit welchen Zielen ist die Bundesregierung in die jeweiligen Gespräche gegangen?
f) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aus den jeweiligen Gesprächen gewonnen?

10. Welche   Kenntnisse   über   Fortschritte   der   Reformen   des   öffentlich- rechtlichen Rundfunks in MKD stellt die Bundesregierung seit Mai 2019 in MKD fest und wie bewertet sie diese?

11.  Hat sich die Sicherheit für Journalisten in MKD nach Ansicht der Bundesregierung im Vergleich zum Jahr 2018 verbessert?

12. Sind der Bundesregierung Cyberangriffe auf Journalisten und Medienhäuser in den Jahren 2018 und 2019 in MKD bekannt?

a) Falls ja, um wie viele Cyberangriffe handelt es sich konkret?
b) Falls ja, woher stammen die Cyberangriffe?

13. Wie viele physische Angriffe auf Journalisten gab es nach Kenntnis der
Bundesregierung im Jahr 2018 in MKD?

a) In wie vielen dieser Fälle wurde nach Kenntnis der Bundesregierung Anklage erhoben?
b) In wie vielen dieser Fälle kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Verurteilungen?

14. Wie viele physische Angriffe auf Journalisten gab es nach Kenntnis der
Bundesregierung im Jahr 2019 in MKD?

a) In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung Anklage erhoben?
b) In wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Verurteilungen?

15. Welche Projekte zur Stärkung der Presse- und Medienfreiheit in MKD unterstützt die Bundesregierung?

a) Wird die Bundesregierung das Engagement bei diesen Projekten verstärken?
b) Plant die Bundesregierung neue Projekte in diesem Bereich?

16. Welche Maßnahmen bzw. Kampagnen betreibt die Bundesregierung derzeit im Kontext der strategischen Auslandskommunikation hinsichtlich der Themen „Fake News“, gezielter Desinformationskampagnen und dem missbräuchlichen Einsatz von Social Bots in MKD?

17. Wie bewertet die Bundesregierung die Medienkompetenz der Bevölkerung in MKD im Umgang mit Desinformationskampagnen und „Fake News“?

18. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob und welche Initiativen in MKD geplant sind, um die Resilienz gegen Desinformationskampagnen und „Fake News“ zu stärken und dadurch die Medienkompetenz zu verbessern?

19. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die wöchentliche Zahl der Nutzerkontakte von russischen Auslandssendern und wie bewertet die Bundesregierung  deren  medialen  Auftritt  und  die  Medienreichweite  in MKD?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr negativer externer Einflussnahme durch RUS auf die Wahlen am 12. April in MKD?

21. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Frage 19. bereits Anzeichen wie  zum  Beispiel  steigende  Aktivität  von  russischen  Social  Media  Accounts in MKD?

22. Welche Entwicklungen zeichnen sich nach Ansicht der Bundesregierung hinsichtlich  der  strategischen  Kommunikation  ausländischer  Akteure  in den letzten fünf Jahren in MKD ab?

23. Wie bewertet die Bundesregierung den Stellenwert der Deutschen Welle hinsichtlich der Reichweite in MKD im Vergleich zu anderen Auslandssendern?


QUELLE: Deutscher Bundestag