Im Mai 2016 war zum zweiten Mal überhaupt in Frankreich ein Handballspiel ausgetragen worden, bei dem ein sogenannter Audio-Deskriptions-Service für eingeschränkt sehfähige Zuschauer angeboten wurde. Anlass war das Cupfinale zwischen Paris Saint-Germain und Montpellier in der Arena von Paris-Bercy. Auf dieser Grundlage fasste das Organisations-Komitee der WM 2017 den Beschluss, gemeinsam mit dem Französischen Blinden- und Sehbehindertenverband (Fédération des Aveugles de France) acht Spiele der Weltmeisterschaft auf gleiche Weise aufzubereiten, ob die Partien entsprechend erlebbar zu machen. IHF.info sprach mit zwei der eingesetzten Kommentatoren.
Zwei Kommentatoren werden eingesetzt, um Blinden und Sehbehinderten über die Tonspur zu schildern, was auf dem Platz und in der Arena vor sich geht. Das gilt auch, wenn die WM-Maskottchen in der Spielpause oder während Auszeiten aufs Feld kommen, um das Publikum zu unterhalten. Einer der beiden Kommentatoren spricht über die sportliche Entwicklung auf dem Feld, der andere kommentiert das weitere Geschehen, die Atmosphäre und beschreibt zum Beispiel Bewegungen von Spielern – oder eben der Maskottchen – genauer. Eine Besonderheit dabei ist, dass sich die Kommentatoren unter das Publikum mischen und aus ihrer Perspektive kommentieren.
Die Nutzer dieser Dienstleistung sind ebenfalls Zuschauer in der Arena. Sie tragen Kopfhörer und können dadurch die Kommentare verfolgen, „als würden sie Musik hören“. Laurie Morisset ist eine derjenigen, die die bildlichen Beschreibungen übernimmt. „Ich beschreibe hauptsächlich die Szenen in Filmen“, erzählt sie. Vor ein paar Jahren sei ihre Firma gebeten worden, diesen Dienst für Spiele eines Rugby-Turniers anzubieten. Nachdem sie nun seit drei Jahren im Rugby und auch im Fußball (PSG, neuerdings Toulouse) aktiv sei, „war es das erste Mal, dass ich das im Handball gemacht habe.“ Ihr Sportkommentator-Kollege ist Raphael Sebaoun von L´Equipe, der früher beim Radio gearbeitet hat.
Morisset und Sebaoun mussten zunächst abstimmen, wer am Mikrofon worüber sprechen würde, was vor dem Spiel sowie in den Halbzeiten und Auszeiten erzählt werden würde. „Wir wollten sicher sein, dass jeder von uns eine bestimmte Aufgabe hat“, schildert Morisset, die lange vor der Übertragung schon in der Arena gewesen sei, um alles genau anzuschauen, „die Farben, die Flaggen und die Dinge, die sehende Leute wahrnehmen würden“. Zudem habe sie sich im Vorfeld genau mit den beiden Mannschaften auseinandergesetzt, deren Duell zu kommentieren war. „Es war eigentlich genau wie damals im Radio“, konnte Sebaoun derweil auf seine Erfahrung als Radio-Macher setzen.
„Es ist eigentlich etwas ganz anderes, als Film zu beschreiben“, erzählt Morisset, dass sie bei Filmen sehr viel Zeit habe, die einzelnen Film-Szenen zu sezieren und genau darüber nachzudenken, was sie sagen wird. Sie fertige abschließend Texte zum Ablesen dafür an. „Um Sport zu beschreiben, musst du sehr viel gleichzeitig hören und sehen“, umreißt die Audiodeskriptions-Expertin die Komplexität der Aufgabe. „Ich habe dabei viel gelernt“, gesteht hingegen Sebaoun ein, dass er bei dieser Dienstleistung auf mehr Dinge achten muss als bei seiner früheren Tätigkeit als Radio-Kommentator. „Ich werde zukünftig Spiele mit größerer Präzision betrachten und nicht nur aufs Spielfeld sehen.“
„Die mazedonischen Zuschauer waren großartig. Sie gaben uns eine große Grundlage für Beschreibungen, mit ihrer Farbenpracht, ihren Hüten, Kostümen und mit der Atmosphäre, für die sie gesorgt haben“, erzählt Laurie Morisset von ihrer Arbeit während des Spiels der Mazedonier gegen Spanien in der Gruppe B. „Nach dem Spiel konnten wir das, was die Qualität unseres Kommentars angeboten hatten, direkt mit unseren Zuhörern besprechen“, freut sich Raphael Sebaoun derweil über den direkten Kontakt mit seinem Publikum. Morisset und er hätten dabei viel Dankbarkeit erfahren. „Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas speziell Bedeutsames mache“, so Sebaoun abschließend gegenüber IHF.info.
QUELLE:Handball-World.com