Fortschritt ist, wenn auf die politische Dauerkrise ein erstes Durchatmen folgt. In diesem Sinne gilt es in einigen Balkanländern Fortschritte zu feiern: In Mazedonien etwa kann die neue Koalition von Premier Zoran Zaev endlich mit dem Regieren beginnen, nachdem die schwer in Verruf geratene Vorängerregierung alles versucht hatte, die Macht nicht aufzugeben. Und in Albanien wird die Opposition nun doch bei den Parlamentswahlen Mitte Juni teilnehmen. Die nächste, fast schon programmierte Dauerkrise im kleinen Adriastaat scheint damit vorerst entschärft.
Ein Erfolg, den sich die EU dank ihrer Einflussmöglichkeiten auf die Fahnen schreibt. Ultimatives Druck- und Lockmittel bleibt dabei: der Beitritt zur Europäischen Union, den alle sechs Westbalkanstaaten (Serbien, Montenegro, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Albanien und Mazedonien) anstreben.
Vorwürfe, dass die von inneren Krisen geschüttelte EU den Balkan auf seinem Weg nach Europa vernachlässigt habe, wies EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Dienstag in Brüssel denn auch kategorisch zurück: "Unsere Strategie ist der Beitrittsprozess. Das Ziel ist die Aufnahme der Westbalkanstaaten in die EU. Aber es geht vor allem darum zu sehen, wie man diese Aufnahme erreichen kann."
Riesige Hürden sind zu nehmen, jedes einzelne der sechs Staaten bewegt sich in seiner eigenen Geschwindigkeit Richtung Brüssel. Am weistesten liegt der Beitrittskandidat Serbien voran. Zusätzlich zu den bereits laufenden Verhandlungen sollen noch im Juni, sagt Hahn, zwei weitere Kapital geöffnet werden.
Gemeinsamer Markt
Doch ehe Verhandlungserfolge für die rund 20 Millionen Menschen in den sechs Balkanstaaten in konkrete Verbesserungen ihrer Lebensumstände spürbar werden, werden noch Jahre vergehen. Und so drängt man in Brüssel vorerst auf die Bildung eines regionalen, gemeinsamen Marktes. Die Initialzündung dafür soll laut Hahn Mitte Juli bei einem Gipfeltreffen in Triest erfolgen. Und bereits ein Jahr danach könnten die wichtigsten Rahmenbedingungen stehen: "Für einen freien Fluss von Waren und Dienstleistungen, den Abbau von Handelsbarrieren, einen gemeinsamen digitalen Markt", führte Hahn aus.
Doch was sich wie ein südosteuropäischer Binnenmarkt im Kleinen anhört, stößt nicht überall auf dem Balkan auf Begeisterung. Diese Idee sei eine Art Ersatzplan für einen EU-Beitritt, befürchten die einen. Die anderen, etwa der Kosovo, zeigen wenig Neigung, Wirtschaftsimpulse aus Serbien aufzugreifen. Jedes der sechs Länder müsse seinen eigenen Fahrplan zu diesem gemeinsamen Markt hin entwickeln, saht Hahn, gesteht aber auch ein. "Wir können niemanden dazu zwingen. Aber es geht darum den Appetit zu wecken eine positive Atmosphäre für Wirtschaftsimpulse und neue Jobs zu schaffen."
Quelle: Kurier