Deutschlandfunk: Mazedonische Touristen in Griechenland - Wenn die Herkunft zum Problem wird

Wer aus Mazedonien kommt und in Griechenland Urlaub macht, der hat ein Problem oder erlebt die eine oder andere Absurdität. Der Grund ist ein ungelöster Streit. Und zwar drüber, ob sich Mazedonien überhaupt so nennen darf.


Die Autos parken dicht an dicht, vor einem Supermarkt im Ferienort Nea Moudania auf der nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki. Autos mit serbischen, bulgarischen und mazedonischen Kennzeichen. Vladko Ivanovski ist mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen gekommen. Der 39-jährige Mazedonier will gerade Lebensmittel für seine Ferienwohnung besorgen: Nudeln, Getränke, Obst. Er reist gerne nach Griechenland, sagt er:

"Es ist das siebte oder achte Mal, dass wir hier in Griechenland Urlaub machen. Wir haben von Mazedonien aus eine Ferienwohnung gebucht und haben auch viele Freunde, die hier ihren Urlaub verbringen. Wir sehen uns verschiedene Orte an, fahren von Strand zu Strand. Jedes Jahr sind wir 15 Tage hier."

Große Probleme habe er wegen seiner Herkunft bisher nicht gehabt, sagt Vladko. "Warum auch?", fragt er, schließlich lasse er sein Geld hier und kurbele die griechische Wirtschaft an. Doch kleine Vorfälle passierten immer wieder. "Vor wenigen Tagen erst wollten wir etwas kaufen und die Kassiererin fragte uns, woher wir kommen. Ich sagte, "aus Mazedonien". Sie fragte noch mal: "Aus Serbien?" Ich sagte: "Nein, aus Mazedonien!". Sie sagte: "Sie meinen aus Skopje." Ich antwortete, "Ja, aus Skopje, aber in Mazedonien!"

Historische Ansprüche, aktuelle Hilfskonstruktionen
Tatsächlich führt der Namensstreit zu Absurditäten: Um das Wort "Mazedonien" zu vermeiden, wird das ganze Land in Griechenland "Skopje" genannt und die Mazedonier "Skopianoi", also Einwohner von Skopje - auch wenn sie nicht aus der Hauptstadt kommen. Schließlich steht der Begriff Makedonia, also Mazedonien, für die gleichnamige griechische Region - zu der übrigens auch die Halbinsel Chalkidiki gehört, in der Vladko Ivanovski gerade Urlaub macht. Mit dem antiken Makedonien und Alexander dem Großen hätten die Mazedonier eh nichts am Hut und sollten den Namen deshalb auch nicht für sich beanspruchen, finden viele Griechen. Zum Beispiel der Souvenirverkäufer Nikos Kombakis. Sein Geschäft in Strandnähe laufe eigentlich gut, doch bei den Mazedoniern mache er sich unbeliebt, sagt er:

"Hier, sehen sie, ich verkaufe diese Stadtpläne von Chalkidiki und von Mazedonien. Die Skopianer machen sie auf, sagen: Ah, Mazedonien! Und suchen Skopje. Wenn ich dann sage, nein, Mazedonien ist hier, dann lassen sie ihre Sachen und gehen. Natürlich möchte ich Umsatz machen und sollte mich am besten dumm stellen. Aber wenn ich schon das Wort "Mazedonien" höre, dann kann ich nicht anders. Das Thema bringt mich echt in Rage."

Der 75-jährige Dimitris Borodimos sieht das Ganze entspannter. Der Rentner sitzt wenige Schritte vom Souvenirgeschäft entfernt im Strandcafé und unterhält sich mit einem Bekannten über die vielen mazedonischen Urlauber. Borodimos hat jahrelang in Deutschland gearbeitet und kann sich gut daran erinnern, wie er jedes Jahr mit dem Auto durch Jugoslawien und damit auch durch die jugoslawische Teilrepublik Mazedonien nach Griechenland fuhr:

"Damals hieß die Region ja schon Mazedonien, es hat uns nur nicht gestört, weil sie in Jugoslawien lag. Erst mit ihrer Unabhängigkeit fingen die Probleme an. Die beste Lösung wäre, glaube ich, ein zusammengesetzter Name, mit dem Wort Mazedonien drin, schließlich hießen sie ja schon vorher so. Wenn ich mir aber die Autokennzeichen gerade ansehe, da steht nur MK, also Mazedonien, das sollte so nicht sein."

Neue mazedonische Regierung will den Streit beenden
Auch viele mazedonische Urlauber hoffen auf eine Lösung in dem über fünfundzwanzig Jahre andauernden Namensstreit. Zum Beispiel der Elektroingenieur Zoran. Er legt seine Hoffnungen in den aktuellen sozialdemokratischen Premierminister Zoran Zaev:
"Der letzte Regierungschef legte viel Wert auf den nationalen Stolz. Das hat nicht gerade geholfen. Diese Regierung aber will Fortschritte sehen. Meiner Meinung nach ist es dabei wichtig, den Menschen in Mazedonien klarzumachen, dass sie nichts zu verlieren haben, wenn sie sich auf einen Kompromiss einlassen, dass sie ihre Identität trotzdem wahren und sich weiterhin als Mazedonier fühlen können."

Ob das klappt, weiß Zoran nicht. Für den Urlaub in Griechenland hat seine Familie jedenfalls eine Strategie entwickelt: "Wir versuchen das Thema gar nicht erst anzusprechen. Wir halten uns an diese Regel, damit wir eine schöne Zeit verbringen. Wir wollen die Griechen nicht irritieren, aber die Leute wissen schon, dass wir aus Skopje kommen. Für sie ist es ja auch Business."