Mazedonier opfern Nationalität für Arbeit – Sputnik-Interview


Immer mehr Mazedonier sind bereit, Tausende Euro für einen bulgarischen Ausweis zu zahlen. Warum Mazedonier auf ihre Nationalität verzichten und wer daran verdient, hat ein Anwohner der mazedonischen Hauptstadt Skopje in einem Sputnik-Interview erzählt.

„Ich habe die juristische Fakultät absolviert, finde aber keine Arbeit. Ich habe vor, bulgarische Dokumente zu bekommen, um Arbeit im Ausland zu finden, weil es unmöglich ist, eine Familie mit 200 Euro, die meine Eltern in einer Fabrik verdienen, zu versorgen“, sagte der Mazedonier, der ungenannt bleiben wollte.

Demzufolge gelingt es vielen, einen bulgarischen Pass zu bekommen. Seit zehn Jahren können diejenigen, die unter Verwandten Bulgaren haben und das nachweisen können, nach einem verkürzten Verfahren Dokumente erhalten. Sonst müsse man ungefähr zwei Jahren warten. In der letzten Zeit sei aber ein ganzes Netz sogenannter „Vermittler“ erschienen, die für einige Tausende Euro den Vorgang erheblich beschleunigen.

„Sie kaufen beispielweise von älteren Mazedoniern für beträchtliche Summen Dokumente ihrer Vorfahren, die die bulgarische Abstammung belegen. Und niemand prüft, ob der Mensch, der einen Antrag für die Einbürgerung stellt, wirklich mit diesen Vorfahren verwandt ist. Oft bekommen Dutzende Mazedonier mit demselben Dokument ihre Pässe“, sagte er.

Man verliere dadurch die nationale Identität: Nach der Einbürgerung in Bulgarien wird der Mazedonier in seinem Heimatland zu einem Ausländer.

„Die Bulgaren sind so nett zu uns, weil sie uns als Volk nicht anerkennen. Das ist schwer für mich, ich tröste mich aber, dass ich Mazedonien immer in meinem Herzen tragen werde und mir das niemand nehmen kann“, so der Mann.

Es bestehen keine genauen Angaben, wie viele Mazedonier bulgarische Pässe erhielten, laut einigen Medienberichten wurden in den vergangenen 15 Jahren nicht weniger als 50 000 Ausweise ausgestellt. Jeder neue Bürger unterschreibt ein Dokument, laut dem er Bulgarisch als seine Muttersprache anerkennt. Ironischer Weise haben sich die Mazedonier im 20. Jahrhundert viel Mühe gegeben, um als selbstständiges Volk mit eigener Sprache und nicht als „hellenisierte Bulgaren“ anerkannt zu werden.

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