Am vergangenen Wochenende fand im bayrischen Fürstenfeldbruck die renommierte Fachmesse für Fliegenfischer statt. Mit dabei die mazedonischen Profis, Nadica und Igor Stancev. Sie gehören schon seit Jahren zu den professionellen "Herstellern" von Fliegen zum fischen.
4000 Menschen kommen jedes Jahr zur Fachmesse, die die größte Europas ist. Schauplatz war an diesem Wochenende zum zehnten Mal das barocke Klostergelände in Fürstenfeldbruck.
Seit 1991 werden Fliegen gebunden
Nadica and Igor Stancev leben in Skopje, Mazedonien, und arbeiten seit 1991 als professionelle Fliegenbinder - mit Fliegen bezeichnet man künstliche Köder zum angeln.
Sie haben 43 Preise bei internationalen Fliegenbinderwettbewerben in Norwegen, Slowenien, Deutschland und Irland gewonnen. Ihre Fliegenmuster wurden in 9 Büchern veröffentlicht, die mit ihrer Mitwirkung entstanden.
Außerdem schreiben sie für Fliegenbindermagazine in Slowenien, Norwegen, England, Schweden, Finnland, Italien und in den U.S.A., nehmen regelmäßig weltweit an Fliegenbinderausstellungen teil, und ihre Leidenschaft ist die Makrofotografie.
Ihre Fliegen werden europaweit vertrieben. Ein reich illustriertes Buch über Insektenkunde und Nachahmungen, das etliche Jahre ihrer professionellen Fliegenbindearbeit umschließt, wird in Kürze erscheinen.
Nadicas Fliegen sind weltweit in 9 Büchern veröffentlicht
Ihr Motto ist: “Bei allem Respekt für die klassischen Fliegen möchte ich doch meine eigenen Fliegen binden”. Sie tut es mit großem Erfolg.
Ihre wichtigste Inspirationsquelle ist die Natur. Nach sorgfältiger Beobachtung der Insekten und ihrer Entwicklungsstadien schafft sie wunderbare Fliegen, sehr gut zum Fischen, aber nicht zu schwer zum Binden. Manchmal sagen die Leute über ihre Fliegen, dass sie zu schade zum Fischen wären. Sie sagt, dass die Wirklichkeit ihr Ziel ist, eine Fliege in kurzer Zeit, aber mit möglichst vielen Details, zu binden. Alles entwickelt sich weiter, warum nicht auch das Fliegenbinden“.
Sie sagt auch: “Mein Hang zur Wirklichkeit, unterstützt durch die Makrofotografie, speziell beim Binden superrealistischer Fliegen für Wettbewerbe, hat mir sehr geholfen, meinen eigenen Stil und eigene Muster zu entwickeln. Währen der vergangenen 17 Jahre habe ich so manche Fliegen gebunden, die als „Muss“ in verschiedensten Gewässern unter verschiedensten Bedingungen benutzt werden.
Ihr Ehemann dagegen sagt: Wie die meisten Kinder war ich von klein auf fasziniert von Insekten und Fischen. Die meisten meiner Sommerferien durfte ich bei meinen Großeltern in deren Haus in den Bergen verbringen, wo ein klarer Gebirgsbach, voll von Bachforellen, ganz in der Nähe vorbeifloss. Meine ersten Fliegen (ich besitze sie heute noch!), band ich mit der Hand, ohne jedes Werkzeug, als ich 12 Jahre alt war. Das ist nun beinahe 30 Jahre her, und die einzigen Quellen für Federn waren der Zoo und die Kissen zu Hause - natürlich nur dann, wenn meine Eltern außer Haus waren. Weil es keine Bücher über das Fliegenbinden gab, versuchte ich zumeist natürlich vorkommende Muster nachzuahmen.
Momente der größten Freude am Fluss mischten sich mit dem Gefühl „was machst Du hier mit Forellen rum, während Du eigentlich die Gesellschaft von Mädchen brauchst“. Aber die meisten der Mädchen teilten mein Interesse an der Natur nicht. Zu meinem Glück traf ich 1991 Nadica, und wir stellten fest, dass wir beide gleichermaßen die Natur lieben.
"Wir wollen eigene Muster entwickeln"
Ich kaufte nun einige Bücher über das Fliegenbinden, in denen die klassischen Muster beschrieben waren. Aber zumeist war es nicht das, was wir wollten. Unser Ziel war es, die Natur so gut wie möglich nachzuahmen. Die Tatsache, dass wir allein waren, half uns, eigene Muster zu entwickeln, mit unserer eigenen Technik und Materialien. Und nach dem Motto „Was neu ist, ist interessant“, sandten wir erstmals 1997 Muster zu einem Wettbewerb nach Slowenien.
Nadica belegte mit ihrem Bachflohkrebs den dritten Platz. In den folgenden 4 Jahren (1998 bis 2001) waren wir jeweils die Gesamtsieger der offenen Slowenischen Meisterschaften. 2001 nahmen wir in allen 4 Disziplinen teil und gewannen sie auch alle.
Dasselbe geschah 2000 in Deutschland – in drei möglichen Disziplinen gab es drei erste Plätze, die Freude und Ehre waren groß. Oliver Edwards war Mitglied der Jury. Im Jahr darauf gab es zwei erste und zwei zweite Plätze. Nadica gewann 4 Goldmedaillen bei den Mustad Scandinavian Open in Norwegen, es folgten die Ireland Fly Tying Open.....
Die meisten der Wettbewerbsmuster waren etwas neues und interessantes für die Magazine.
2005 wurden wir eingeladen, an der World Tuscany Open als Jurymitglieder teilzunehmen, einem von den Italienern organisierten Wettbewerb. Es war eine große Ehre, neben einigen weltberühmten Persönlichkeiten dieser Jury anzugehören.
Schon bald hatten wir Angebote, unsere Fliegenmuster in Fliegenfischerbüchern im Ausland zu veröffentlichen. Wir beteiligten uns, neben anderen Fliegenbindern, an 2 Büchern des Franzosen Nicolas Ragoneau, beim zweiten Buch waren unsere Fliegen auf dem Umschlagbild. 3 weitere Bücher erschienen mit unserer Mitwirkung in Norwegen, eines in den U.S.A., eines im Vereinigten Königreich, zwei in Italien und bald erscheint eines in den Niederlanden.
In den letzten Jahren arbeiten wir intensiv an unserem eigenen Buch, dessen wichtigster Inhalt die realistische Darstellung der Fischerei sein wird, unterstützt durch wunderschöne Aufnahmen von Wasserinsekten in allen Entwicklungs- und Verwandlungsstadien, selten gesehene Stadien von Aufsteigern etc. Als „künstlerische“ Beigabe zeigen wir unsere Gewinnerfliegen, von denen einige superrealistische Muster nach monatelanger Entwicklung in ganz besonderer Weise gebunden wurden.
Nach dem Erfolg bei den internationalen Fliegenbinderwettbewerben gab es Einladungen aus aller Welt, unsere Technik zu präsentieren. Wir waren 1995 – 2001 in Slowenien, 1998 und 1999 in Norwegen, 2000 - 2003 in Deutschland, 2002 in den U.S.A. und in den Niederlanden, 2004 in Finnland, 2005 und 2007 in Italien, 2000 – 2007 in Frankreich und 2007 in Schweden...., und in den meisten Fällen nutzen wir die Chance, einige unserer Fliegen an Flüssen oder den Meeresküsten des jeweiligen Landes auszuprobieren.
Lieblingsplatz am Fluss Treska
Unser Lieblingsplatz zum Fischen ist der Fluss Treska, etwa 8 Kilometer von unserem Wohnort entfernt, in dem Bachforellen und Döbel zu finden sind. Der Fluss beheimatet eine große Zahl unterschiedlicher Insekten, was viele Motive für die Makrofotografie bietet. Trotz der nahen Stadt ist man meist allein am Fluss.
Ein weiterer Fluss ist die Radika, etwa 60 Kilometer von Skopje entfernt, im Westen von Mazedonien. Da ist es sehr schön, und es gibt viele Bachforellen. Meist sind die Fische 20 – 30 cm groß, aber oft mit einem Gewicht zwischen 2 und 3 Kilogramm. Im Fluss gibt es viele große Steine und Felsen, die den Fischen guten Schutz bieten. Wir bringen oft Gäste aus dem Ausland da hin, so behalten diese Mazedonien in guter Erinnerung.
Dann gibt es noch den Fluss Kalina 15 Kilometer von unserem Wohnort, aber die Straße dahin ist nicht befestigt und es ist schwer, dahin zu kommen. Die Region ist urwüchsig, mit tiefen Tälern, dunklem Wald, die Forellen sind sehr scheu, denn sie sind die Gegenwart von Menschen nicht gewohnt. Nur tapfere (oder verrückte) Jäger suchen dieses Revier.
Mein Lieblingsfluss ist aber noch immer der in der Nähe des Hauses meiner Großeltern, wo wir oft eine ganze Woche fischen können, ohne einem einzigen weiteren Fliegenfischer zu begegnen. Teilweise ist das Wasser mit Spinnennetzen bedeckt, ein Beweis dafür, dass niemand die Fische stört, die sehr vorsichtig sind, und wir müssen uns „unsichtbar“ machen, wenn wir uns dem Wasser nähern.
Ich hätte mir früher niemals träumen lassen, dass das Fliegenbinden es uns ermöglichen würde, so viele freundliche und nette Menschen überall auf der Welt zu treffen. Auf jeder Reise erhalten wir neue Eindrücke.
Anbei Wissens- und Lesenswert: Die ersten überlieferten Fliegenfischer sind Makedonier